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AutorenbildMax Lammer

Employee Experience Design: der 1. Arbeitstag



Stellen Sie sich vor: heute ist Ihr erster Arbeitstag in Ihrem neuen Job - Ihre Motivation ist besonders hoch, Sie freuen sich richtig auf die neue Aufgabe und sprühen nur so vor Energie und Tatendrang. Und dann: Sie kommen in der neuen Firma an und keiner weiß, dass Sie anfangen, Ihre neue Führungskraft ist auf Urlaub und der Arbeitsplatz ist nicht vorbereitet, geschweige denn die wichtigsten Arbeitsmaterialien sind eingerichtet. Das alles soll schon mal passiert sein... Zumindest ist das ein Auszug besonders unangenehmer Erlebnisse von rund 30 Teilnehmern (Banken, Telekommunikation, Industrie, etc.) eines Re-Design Workshops zum ersten Arbeitstag im Rahmen des People Club von Talent Garden. Auf der anderen Seite wurde aber auch über besonders gelungene Erlebnisse berichtet, die wir anschließend beim "Ideal-Design" haben einfließen lassen.


Der erste Arbeitstag ist jedenfalls etwas, das sich sehr gut dafür anbietet, designed zu werden - ausgehend von den schlechtesten Erfahrungen, um sie zukünftig zu vermeiden. Dass der erste Tag und das folgende Onboarding auf keinen Fall unterschätzt werden darf, zeigt eine Stepstone Studie aus Anfang 2019: 30 % von befragten Führungs- und Fachkräften gaben an, mindestens einmal in ihrem Arbeitsleben bereits während der Probezeit den Arbeitgeber wieder verlassen zu haben. Nicht nur weil der Arbeitsmarkt gerade dreht und Menschen sich Jobs beinahe aussuchen können, ist es so wichtig ersten Tag und Onboarding ideal zu gestalten, sondern auch weil es um Wertschätzung der/s Neuen geht - und darum die mitgebrachte Top-Motivation zu erhalten.


10 Bestandteile für den ersten Tag

Zu Beginn haben wir den Tag in entsprechende Bestandteile zerlegt, um uns dann gewissenhaft den einzelnen Bereichen zu widmen und sie zu designen:

  1. Gestaltung und Inhalt der Vorabinformation - hier geht es darum mit hilfreichen Informationen Sicherheit für den ersten Tag zu geben (Anfahrt, Dresscode, Treffpunkt, Uhrzeit, Ansprechpartner, etc.) - als kurze Videobotschaft vom Chef beispielsweise oder zumindest als E-Mail oder SMS

  2. Ankunft, Empfang und Begrüßung - hier kann man sehr viel richtig oder auch falsch machen. Unsere Teilnehmer waren davon überzeugt, dass es am meisten Eindruck macht, wenn der Empfang möglichst hochrangig ist - das zeigt, wie wichtig man dem Unternehmen ist. Jedenfalls aber die neue Führungskraft muss sich Zeit nehmen und da sein, den/die Neue zu begrüßen. Viele Unternehmen haben inzwischen Screens im Eingangsbereich - dort eine Begrüßung zu platzieren fänden viele toll. Besonders wichtig ist aber, dass der/die Neue nicht am Empfang warten muss, der Empfang Bescheid weiß und idealerweise zum ausgemachten Treff-/Zeitpunkt Führungskraft, etc. bereits vor Ort sind.

  3. Buddy bzw. Mentor - viele Unternehmen machen das bereits, viele aber auch nicht. Fast alle fanden es sehr wichtig und ein "Must-have", dass man für die erste Zeit einen Mentor bzw. Buddy an die Seite bekommt, der am Anfang als Vertrauensperson und Ansprechpartner zur Verfügung steht. Nach der Begrüßung durch den Chef bzw. die Chefin und dem ersten Ankommen, könnte der Mentor/Buddy übernehmen und mit dem Onboarding beginnen. Entscheidend war für alle, dass im Vorfeld ein passender Mentor/Buddy ausgesucht wurde - idealerweise mittels Persona-Methode, damit die "Chemie" stimmt und nicht zwei komplett konträre Personen aufeinandertreffen, woraus eher Konflikt entsteht als Harmonie und gutes Gefühl.

  4. Arbeitsplatz - nichts ist bedauerlicher, als wenn die IT und der Arbeitsplatz nicht vorbereitet und funktionstüchtig sind. Das ist das Mindeste: Computer, Telefon, Zugangsdaten, etc. Eine kleine Aufmerksamkeit am Arbeitsplatz durch die neuen Teamkollegen beispielsweise - das wäre perfekt für einen ersten optimalen Eindruck.

  5. Orientierung - Mentor/Buddy oder Führungskraft müssen das übernehmen. Klar das Office zeigen, aber viel wichtiger: Erklärung von zentralen Kulturmerkmalen, Sprachgebrauch, Personen außerhalb des eigenen Teams mit deren Aufgaben bzw. Positionen.

  6. Team - das worauf wir uns am schlechtesten vorbereiten können als Neuling. Daher ist es so wichtig diesen Moment gut zu gestalten. Alle müssen Zeit haben, der Termin ist fix geblockt - keine Doppelbuchung oder früheres Verlassen, keine Telefonate oder Mails schreiben. Volle Aufmerksamkeit für den/die Neue - unter Leitung der Führungskraft - Vorstellung untereinander, Rollenverteilung, Vision für das Team, etc. - idealerweise - so die TeilnehmerInnen - ist das erste Aufeinandertreffen mehr von persönlichen Details getragen, als von reinen Businesstasks.

  7. Mittagessen - der Knackpunkt (eigentlich logisch oder?). Alle haben schon was vor, der/die Neue bleibt alleine übrig. Entweder Mentor/Buddy ist der fixe Partner fürs Mittagessen, oder die Führungskraft oder das neue Team - aber einen Plan muss es jedenfalls geben, da waren sich alle einig. Und da gab es auch die schlechtesten Erfahrungen von allen Beteiligten. Also: diesen Moment nicht unterschätzen.

  8. Administrative To Dos - derzeit ein sehr dominanter Bestandteil des ersten Tags in vielen Unternehmen - bis zu einem gewissen Grad verständlich, und dennoch kann man das besser gestalten als bisher. Vorbereitung muss doch möglich sein, damit der Papierkram und Zugangskarte nicht den halben Tag in Anspruch nehmen.

  9. Forecast (1 - 1 - 1) - darin zeigt sich die konsequente Vorbereitung des Onboardings. Alle haben sich gewünscht am ersten Tag eine Information bzw. einen Forecast zu erhalten, wie es weiter geht, um sich einstellen zu können - aber auch zu erkennen, wie geplant wurde/wird. 1 - 1 - 1 bedeutet Information durch Mentor/Buddy und/oder Führungskraft zu erster Woche (1), zu erstem Monat (1) und zu erstem Jahr (1). Sich die weiteren Schritte konkret zu überlegen und zu gestalten ist eine nächste Desginaufgabe, die klare Struktur hat, aber von Abteilung zu Abteilung und Unternehmen sehr unterschiedlich sein wird.

  10. Abschluss - so wichtig wie die Ankunft ist auch das Ende des ersten Tages. Man war sich einig, dass es gar nicht so wichtig ist, schon ein Feedback zu geben - weil die Eindrücke einfach so massiv sind, dass das gar nicht oder nur bedingt möglich wäre. Viel wichtiger wäre nochmal der Kontakt mit der Führungskraft, mit der Verabschiedung und dem Ausblick auf den zweiten Tag (nicht, dass der erste Tag gut gestaltet ist und am zweiten Tag sitzt der/die Neue dann alleine rum, oder kriegt mal "was zum einlesen"). Eine tolle Idee wäre ein Geschenk zum Abschluss des Tages - aber nicht für den/die Neue, sondern explizit für jene Person (Partner, bester Freund, Eltern, etc.), die den/die Neue in der Entscheidung bestärkt hat sich für den neuen Arbeitgeber zu entscheiden. Das ist eine kleine aber sehr wirkungsvolle Geste, die nochmals unterstreicht, wie wichtig der/die Neue dem Arbeitgeber ist.

Kritische Fragen sind unangenehm:

Wir haben uns auch erlaubt sehr kritische Fragen zu stellen: Muss man den ersten Tag damit kaputt machen, Menschen in stundenlange Schulungen zu stecken, anstatt sie mit ihren Teams bekannt zu machen? Macht es nicht mehr Sinn, Neuankömmlinge mit so wenig Bürokratie wie möglich zu belasten - Stichwort Schlüsselkarte? Können Security-, Compliance- und Unternehmensinformationen nicht stückweise den Neuen vermittelt werden? Warum muss man erste Tage mit derartigen Informationen "zumüllen" anstatt einen angenehmen Empfang im Team zu gestalten?

Klar ist, dass alle diese Informationen und Dinge wichtig sind - aber vermutlich nicht in dem Ausmaß am ersten Tag, wie das große Konzerne heute oftmals machen. Klar, dort fangen an einem Tag vielleicht 10 oder 20 neue KollegInnen an, und es ist "praktisch" sie alle mal am Anfang in den Seminarraum zu "informieren" - aber ehrlich: wollen Sie das?


Wenn etwas Neues beginnt - insbesondere ein Job - dann ist am Anfang Nervosität vielleicht sogar ein bisschen Angst mit dabei. Wie wird es sein? Wie sind die Kollegen? Was kriege ich zu tun? Darauf müssen wir unsere Gestaltung für den ersten Tag richten - diese Gefühle zu verstehen und sie bestmöglich zu entschärfen. Egal wer der Neuankömmling ist - auch das haben wir sehr kritisch betrachtet: "Naja wenn ein neuer Abteilungsleiter kommt, dann müssen sich schon alle Zeit nehmen" - ah ja und die neue Mitarbeiterin im Marketing ist nicht so wichtig? Von Ihrer Verantwortung in der Funktion vielleicht nicht sofort - aber als Mensch gibt es keinen Unterschied ob Praktikant oder Vorstand. Und was glauben Sie, wer wird besser über den Arbeitgeber sprechen: jene Person, die am Anfang entsprechend mit Anerkennung und Wertschätzung behandelt wurde - zB durch eine Begrüßung am ersten Tag durch den Oberboss - oder jene Person, für die sich keiner richtig Zeit genommen hat. Und wer wird noch mehr Motivation und Engagement an den Tag legen? Ich denke Sie kennen die Antworten. Die entscheidende Frage bei der Gestaltung ist: wie möchte ich selbst behandelt werden?

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