LinkedIn quillt spätestens seit Ende des Sommers förmlich über mit Meldungen zu "agile" und New Work - die Welle hat Österreichs Großunternehmen spürbar erfasst. Wir steigen auf der Welle mit auf. Die Entwicklung fühlt sich ähnlich an wie der "Startup-Hype" vor ein paar Jahren (wir erinnern uns). Alle machten auf einmal "was" mit Startups, weil es einfach "cool und in" war - 95 % Marketing, aber kaum tieferes Verständnis oder gar echtes Learning daraus. Positiver Effekt: die gesteigerte mediale Wahrnehmung der Startup-Szene und des Themas "Digitalisierung" an sich. Auch jetzt öffnet sich das Bewusstsein für besseres Arbeiten und Humanisierung der Arbeit - das ist an sich gut, bitte nicht falsch verstehen. Schlussendlich muss man aber sagen, dass die etablierten Unternehmen wenig wirklich Zählbares aus dem Startup-Hype mitgenommen haben - bei New Work könnte es ähnlich sein.
Die Entwicklung rund um "agile" und New Work ist fast spiegelbildlich - oder zumindest fühlt es sich so an. Jeder macht mal "etwas" - setzt es aber nur sehr selten in einen größeren, umfassenderen Zusammenhang. Und so gibt es, wie zu erwarten, die ersten frustrierten Rückmeldungen - sowohl von Führungskräften als auch vor allem von MitarbeiterInnen. Das typische "Seminarsyndrom" nach Einmalerlebnissen passiert: toller Workshop, super Anwendung, spannende neue Methoden, cooles Setting und Arbeiten, Ideen - für einen Tag, vielleicht sogar zwei. Ein paar wenige dürfen, viele andere nicht... Am nächsten Tag wieder Hamsterrad, alte Prozesse und verkrustete Strukturen - die Euphorie erschlagen vom alltäglichen Trott. Nur ein Peak, keine langsame Steigerung... Wir wissen alle, wie wir uns damit fühlen. Am ehesten profitieren noch die Führungskräfte von "agile".
Gegenstück: Auch die allgemein verordnete "Agilität" durch den CEO (leider erst vor kurzem in einem namhaften, großen deutschen Konzern live erlebt) kann natürlich nicht wirklich funktionieren (erinnert ein bisschen an diese Szene). Super, dass die Notwendigkeit verstanden wurde an der Organisation zu arbeiten und sie weiterzuentwickeln, schlecht es mit einem hierarchischen Befehl erzwingen zu wollen, ohne substanziellem und für das Unternehmen individuellem Umsetzungskonzept und Mitarbeitereinbindung.
Startup Hype und New Work Hype
Beides (Einmalerlebnis & Verordnung) führt zu keinem nachhaltigen Erfolg oder einer wünschenswerten Veränderung des Arbeitens. Viel eher passiert das Gegenteil: Erwartungshaltungen werden aufgebaut und nachher (schlimm) enttäuscht. Das was man eigentlich am wenigsten erreichen wollte. Im Vergleich zum Vorgehen im Startup-Hype ist nur diesmal die Auswirkung und Gefahr potenziell größer als damals - weil beim "tun" mit Startups "nur" externe Erwartungen enttäuscht wurden, oder maximal Marketinggelder verbrannt wurden - wenn man jetzt die eigenen MitarbeiterInnen enttäuscht, überfordert oder frustriert ist der Schaden intern - und tut am Ende sicherlich mehr weh.
Weg vom (internen) Marketing-Gag
Das wichtigste Learning aus dem Startup-Hype ist (meiner bescheidenen Meinung nach), dass man mit bisschen Marketing nicht innovativer wird oder digitaler. Umgelegt auf die New Work Welle ist auch klar - mit bisschen Seminaren und Methodenworkshops ohne substanzieller Implementierung in die Organisation - und das ist ein längerfristiger Prozess, der unterschiedliche Dimensionen berührt - ist es auch nichts anderes als internes Marketing und versuchtes Employer-Branding (Betonung liegt auf "versuchten").
Employee Experience - als ganzheitlicher Kern von New Work verstehen und umsetzen
Die ehrlich gemeinte Gestaltung und das gemeinsame Design des Erlebnis Arbeit (Employee Experience - EX) ist der zentrale Kern von New Work und der Organisationsveränderung - in einem gesamtheitlichen Kontext und Konzept. Dabei geht es um den physischen Arbeitsplatz, die eingesetzte Technologie und die Kulturveränderung passend zum Unternehmen - zu der auch neue Methoden gehören, klar. Die Führungsspitze muss "Employee Experience" als Gesamtansatz und Prinzip ehrlich verstehen, annehmen und konsequent umsetzen - mit kleinen Schritten, Iterationen und Einbindung der MitarbeiterInnen - dann kann viel gelingen. Die Gründe, es zumindest mal zu probieren, sind jedenfalls sehr gut - mehr hier.
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