Employee Experience besteht natürlich auch in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (exit experience), wenn auch damit nicht die Beziehung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters mit dem Unternehmen endet. Denn zwischen Unternehmen und Menschen besteht im Grunde so etwas wie eine lebenslange Beziehung - from pre-hire to retire. Das klingt sicher etwas pathetisch, aber es stimmt: Menschen behalten ihre Erlebnisse, Erfahrungen und damit verbundenen Emotionen auch nach dem Ende des Dienstvertrages und erinnern sich wie es im Unternehmen XY war und berichten anderen wie mit den Menschen umgegangen wurde.
Gerade das Thema Kündigung ist besonders emotional beladen und belastet. Den Job zu verlieren ist hart und für die meisten eine Katastrophe. Manchmal sind Entlassungen (Layoffs) von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Unternehmen aber unausweichlich - gerade jetzt Corona-bedingt (Sommer/Herbst 2020) werden wir noch viele Kündigungen erleben. Leider. Wie mit dieser Situation umgegangen wird, ist der "moment of truth" bzw. der "moment that matters" - ein Moment, die in Erinnerung bleibt.
In den letzten Wochen sind einige Beispiele öffentlich geworden, wie Unternehmen mit diesen Situationen umgegangen sind. Da war gleich am Anfang der Krise das Scooter Startup Bird, das 400 Mitarbeiter mittels einer unpersönlichen Audio-Videobotschaft von der Entlassung informiert hat. Da gab es die viel beachtete Botschaft des Airbnb-CEO an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bevor es Gespräche mit Betroffenen gegeben hat, was international viel Anerkennung und Lob für das Vorgehen bekommen hat. Und da gab es jüngst die Berichte über den Kristall-Produzenten Swarovski, wo die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Mail zum Kündigungsgespräch "eingeladen" wurden, was für eine Welle der Empörung gesorgt hat - bis hinauf zum Präsident der Tiroler Wirtschaftskammer, der in den Medien die Art und Weise kritisiert hat. Alle österreichischen Medien haben von dem Fall berichtet.
Das ist natürlich das denkbar schlechteste Szenario, das in der Situation gerade noch fehlt - es ist wirtschaftlich mau, man muss Menschen kündigen, und dann geht es auch noch so in die Hose. Die Auswirkung auf die Arbeitgebermarke, das Image des Unternehmens und zukünftige Recruitingmaßnahmen ist dramatisch negativ. Zudem hat gerade bei Swarovski die sich oft ändernden Zahlen über mögliche Entlassungen zusätzlich zu Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt.
Eine RiseSmart/Randstad Studie aus 2018 hat in Zahlen festgehalten welche Auswirkungen schlecht gemachte Kündigungen für Unternehmen haben:
70 % der Unternehmen hatten schlechtere Ergebnisse bei Talent Acquisition
81 % berichten von negativen Impact auf die Marke generell
43 % hatten mit Produktivitätsverlust, abnehmender Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie erhöhter Fluktuation zu kämpfen
Gerade im Fall Swarovski darf man sich nicht wundern, wenn anschließend schlechte Bewertungen auf kununu erscheinen.
Aber was muss man beachten und wie vermeidet man die Fehler, die schon gemacht wurden:
Menschlich und persönlich gestalten: es ist vielleicht einfacher und effizienter per Mail einzuladen oder per Videobotschaft oder im Massencall die Infos zu platzieren, aber es ist menschlich gesehen ein Tiefschlag. Wer seine Zeit für ein Unternehmen einbringt, der hat es auch verdient zumindest persönlich informiert zu werden. Natürlich auch vor den Medien.
Hintergründe und Ursachen nachvollziehbar erklären: das macht es verständlicher auch wenn es emotional schwierig ist. Was wir Menschen rational verstehen und ehrlich und transparent berichtet bekommen macht zwar die Situation nicht besser aber greifbarer.
Emotion als Verantwortlicher zeigen: authentisch und ehrlich - das verschafft Respekt und Verständnis. Ansonsten bleibt nur das schale Gefühl im Unternehmen doch nur ein Betriebsmittel (Human Ressource) zu sein. Das ist Charaktersache und ist sowohl für Gekündigte als auch Verbleibende wichtig.
Hilfe bei Prozess und Wechsel: das ist natürlich Aufwand und nicht einfach, zeigt aber ob es dem Unternehmen wichtig ist, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu helfen. Swarovski hat mit der eingerichteten Arbeitsstiftung sicher viel richtig gemacht, auch wenn das in dem Fall vermutlich gar nicht so registriert wird.
Aufbau eines Alumni-Netzwerks: lassen Sie den Kontakt nicht abreißen - falls sich die Firma erholt wäre es sinnvoll, wenn eventuell die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder beriet wären zurück zu kommen - das aber nur, wenn die Erfahrungen, die sie bei der Entlassung gemacht haben nicht komplett negativ waren.
Klarheit schaffen für verbleibende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: die Auswirkungen von schlechten Kündigungen bzw. Entlassungen haben natürlich großen Einfluss auf diejenigen, die bleiben können/dürfen. Wenn es keine Klarheit über den Prozess, die Perspektive, etc. gibt, beginnt Demotiviation, Unsicherheit, Gerüchteküche, Fluktuation.
Schauen Sie auf die negativen Beispiele von anderen - davon gibt es genug. Man muss nicht die selben Fehler wieder machen - mit all den Konsequenzen.
Fragen Sie verbliebene und gekündigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Feedback - und zwar regelmäßig und insbesondere nach solchen Ereignissen, um zu lernen und um es in Zukunft besser zu machen.
Klar: eine Kündigung bzw. die Entlassung ist keine angenehme Situation und sehr herausfordernd - aber das alles ist keine Begründung oder Ausrede es besonders mies zu machen. Auch dieses Situation kann man im Sinne der Employee Experience "gestalten" und "designen". Falls ich helfen darf, schreiben Sie mir einfach.
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